Es muss ja nicht immer flach sein – Gewölbte Münzen

Daniel Baumbach

Der experimentierfreudige Markt für Sammlermünzen bringt regelmäßig neue Innovationen hervor, die hier viel schneller und ungeachtet der Vor- und Nachteile für Umlaufgeld umgesetzt werden. Farben, verschiedene Formen, hohe Reliefs, Inlays – es ist erstaunlich, wie vielschichtig der heutige Markt ist. Heute stellen wir ihnen eine Technik vor, die selbst die in solchen Dingen als sehr konservativ geltende US-Mint nach nur wenigen Jahren aufgegriffen hat: Gewölbte Prägungen.

Ohne die runde Form an sich abzuändern, sind diese Münzen nicht wie gewöhnlich flach, sondern in der Grundform gewölbt – auf einer Seite rund zur Mitte hin vertieft und auf der anderen genau entsprechend erhöht. Eine Seite ist also konkav und die andere konvex. Freunden der antiken Numismatik werden dabei sicher gleich die keltischen Regenbogenschüsselchen denken müssen – ja, der Vergleich passt! Für die modernen Münzprägung ist diese Technik jedoch noch sehr jung, erste Münzen dieser Art entstanden 2009. Die Münzstätte, mit der man diese Technik heute besonders assoziiert, weil sie geradezu zu einem Markenzeichen geworden ist, ist die Royal Australian Mint. Doch die ersten Münzen stammen nicht von den Australiern, sondern von der französischen Monnaie de Paris. Sie wurden anlässlich des Internationalen Jahres der Astronomie in verschiedenen Fassungen geprägt, sowohl in Gold als auch in Silber. Die konkave Seite ziert ein rudimentärer Sternenhimmel, der bei einigen Goldfassungen außerdem mit Blauem Gold verziert wurde, wie es in der Schmuckindustrie verwendet wird.

Die ersten gewölbten Münzen (der Moderne) kommen aus Frankreich und wurden 2009 geprägt. Aus Auktion Künker 166-2010-4376.

Von Frankreich ging es zur Münzstätte in Australien, der Royal Australian Mint, die der Technik in den kommenden Jahren zum Durchbruch verhelfen sollte. Darüber, wie es dazu kam, haben wir mit dem langjährigen Branchenexperten Dr. Prabir De gesprochen, ehemals Leiter des Technischen Komitees der Konferenz der Münzstätten-Direktoren und Technischer Direktor der Royal Australian Mint.

Er erinnert sich, die gewölbte Münze der Franzosen erstmals auf der Konferenz der Münzstätten-Direktoren 2010 in Canberra gesehen zu haben: „Ich war von der französischen Münze sehr beeindruckt, sie war wirklich schön und ich sah das Potential der Technik. Also setzte ich mich bei uns für die Prägung einer australischen Münze dieser Art ein.“

Die erste Australische gewölbte Münze „Kreuz des Südes“. Bild: Royal Australian Mint.

Das Resultat war die silberne 5-Dollar-Münze Kreuz des Südens von 2012. Sie zeigt die gleichnamige Sternenkonstellation am Nachhimmel, die zur Identität der Australier gehört und Teil der australischen Flagge ist. Die Münze war sofort ein riesiger Erfolg und brachte auf dem Zweitmarkt bald enorme Preise – und verhalf dieser Technik zum Durchbruch. Es war zudem die erste gewölbte Münze mit Kolorierung. Aufgrund des großen Erfolges legten die Australier nach und brachten in den folgenden Jahren weitere gewölbte Münzen mit Sternbildern der südlichen und nördlichen Hemisphäre auf den Markt.

In der Seitenansicht wird die Wölbung der Münze erkennbar. Bild: Royal Australian Mint.

Wie wölbt man eine Münze?

Doch bevor wir uns mit weiteren Produkten dieser Art beschäftigten sollten wir uns erst den technischen Aspekten zuzuwenden. Wie wird so eine Münze also hergestellt? Die spezielle Form bekommt die Münze meist erst während des Prägevorgangs. Die vorbehandelten Ronden werden mithilfe eines konvexen und eines konkaven Stempels in die gewölbte Form gepresst. Dafür benötigt man ölhydraulische Pressen, die langsam und sehr präzise hohen Druck auf die Ronden ausüben. Die Stempelvorlagen entstehen dabei am Computer, um die nötige Verzerrung des krümmten Motivs richtig zu berechnen.

Wie zu erwarten ist, macht die gewölbte Form einige Punkte der Herstellung schwieriger: Die Stempel müssen deutlich länger poliert werden und haben eine vergleichsweise kurze Lebensdauer. Die Prägung von allzu großen Münzen ist sehr aufwändig, weshalb die meisten gewölbten Münzen bis heute nicht mehr als eine Unze Gold oder Silber haben. Zudem können bisher keine gewölbten Münzen aus Platin und Palladium hergestellt werden, da diese Metalle nicht biegsam genug wären. Auch der Farbauftrag ist durch die Wölbung nicht einfach. Farbeauftrag zu weit am Rand ist nur schwer umzusetzen. Es schien den Spezialisten der Royal Australian Mint zunächst unmöglich, die nach außen gewölbte (konvexe) Seite ebenfalls farbig zu gestalten.

Dr. De erinnert sich: „2016 haben wir unsere Leute beauftragt, eine gewölbte Münze mit Farbe auf der konvexen Seite zu entwerfen. Es war eine ganz schöne Herausforderung. Aber nach vielen Versuchen und Fehlschlägen haben wir es schließlich hinbekommen.“

Die 5 Dollar-Münze „Erde“ eröffnete 2018 die Australische Serie „Earth and Beyond“. Foto: Royal Australian Mint.

Das Resultat war die 2018 begonnene Serie „Earth and Beyond“, die diesmal eine farbige konvexe Seite hatte und auf der nacheinander Erde, Mond und Sonne abgebildet wurden. Den Abschluss der Serie bildete 2021 eine silberne und eine goldene Münze mit der Milchstraße, übrigens die erste gewölbte Goldmünze mit Kolorierung. Auch weitere Münzen der Australier, etwa auf das Jubiläum der auf die Mondlandung und selbst die traditionellen Münzen auf die chinesischen Tierkreiszeichen, sind inzwischen gewölbt. Die Technik ist aus dem Produktkatalog der Münzstätte nicht mehr wegzudenken.

Nicht nur Australien

Doch wie gesagt, auch andere Münzstätten brachten bald ihre eigenen gewölbten Münzen heraus. Bereits 2014 kam das erste Stück dieser Art aus den Vereinigten Staaten, weitere sollten die kommenden Jahre folgen. Das ist insofern ungewöhnlich, da die US-Münzstätte neumodischen Techniken bei ihrem ehrwürdigen Dollar normalerweise eher skeptisch gegenübersteht. Von der ersten Farbmünze bis zur ersten US-Farbmünze dauerte es immerhin 28 Jahre – aber von der ersten gewölbten Münze bis zur ersten gewölbten US-Münze nur fünf! Die Münzen auf die Baseball Hall of Fame setzen die Wölbung clever ein: Erhöht dargestellt wird der Ball auf der einen Seite, vertieft der im Handschuh gefangene Ball auf der anderen.

Die Royal Canadian Mint gab 2016 die erste Münze dieser Art heraus und nutzt die technische Innovation, um mit der Wölbung die Kuppel der beeindrucken Parlamentsbibliothek in Ottawa zu simulieren. Ähnliches tat Großbritannien mit seiner ersten gewölbten Münze, die erst dieses Jahr erschienen ist und die Royal Albert Hall in London zeigt.

Der US-Silberdollar von 2014 auf ein Jubiläum der Baseball Hall of Fame zeigen auf der einen Seite den Ball selbst erhöht und auf der anderen Seite den Handschuh, der den Ball fangen soll, vertieft. Nach eigenen Angaben wurde man von den Stücken der Franzosen und Australier inspiriert. Foto: US-Mint.

Preisregen

Wie groß diese Anerkennung für diese Technik ist, sieht man auch daran, dass die gewölbten Münzen in den letzten Jahren regelmäßig zu den großen Abräumern bei den Coin of the Year-Verleihungen gehören, den Oscars der Münzwelt, die im Rahmen der World Money Fair in Berlin vergeben werden. Zum Beispiel gewann die Australier mit dem Kreuz des Südens 2014 den Preis als beste Münze in Talergröße; Cassiopeia aus der Serie Northern Sky wurde 2018 als beste Silbermünze ausgezeichnet. 2020 wurde „Erde“ als besten Münze in Talergröße ausgezeichnet. Auch die amerikanischen Münzen wurden viel gewürdigt: Die verschiedenen Baseballmünzen von 2016 wurden als beste Goldmünze, innovativste Münze und als Coin of the Year ausgezeichnet. Und erst dieses Jahr wurde die Münze auf den 50. Jahrestag der Mondlandung als beste Münze auf ein zeitgenössisches Ereignis, beste Silbermünze und ebenfalls als Münze des Jahres ausgezeichnet.

Zusammenspiel von Technik und Motiv

Was ist das Geheimnis hinter dem Erfolg dieser Stücke? Wenn Sie mich fragen, ist es nicht nur die ungewöhnliche Form: Es ist das Zusammenspiel von Form und Motiv. Denn die Münzstätten gestalten bisher in aller Regel ihre Münzen nicht grundlos gewölbt, sondern setzen so Motive um, die von der neuen Dimension profitieren. Nicht umsonst sind die meisten Münzen mit astronomischen Themen gewidmet: Sternenbilder werden zu kuppelförmigen Nachthimmeln, Planeten werden zu korrekt gekrümmten Halbkugeln. Ein gewölbter Astronautenhelm reflektiert die Szene der Mondlandung, Kuppeln und andere architektonische Elemente werden greifbarer. Die Details im Relief sind neu wahrnehmbar, die Seherfahrung ist eine andere. Und das wissen die Sammler zu schätzen.

Entsprechen deutlich merkt man eine Zunahme an gewölbten Neuausgaben, besonders 2020/21 gab es so viele wie nie zuvor. Es ist zu erwarten, dass noch mehr Münzstätten diese sich etablierende und beim Sammler beliebte Form aufgreifen. Die Wölbungen sind eine interessante Neuerung, die das Motiv sinnvoll erweitern kann. Für Umlaufmünzen ist diese Technik bisher nicht relevant und wird es angesichts der Produktionsbedingungen wohl nicht werden – obwohl technisch Neuerungen so etwas durchaus ändern können, man denke nur an die ersten farbigen Umlaufmünzen, die inzwischen in Kanada und Australien zirkulieren. Deutsche Münzen mit dieser Technik sind momentan übrigens bisher nicht in Aussicht.