Wo Amerikas Anlagemünzen entstehen – Die West Point Mint

Daniel Baumbach

West Point, das verbindet man normalerweise mit dem US-Militär, denn in dem kleinen Städtchen im Bundestaat New York befindet sich die United States Military Academy, die große und renommierte US-Militärakademie. 1802 gegründet, kann sie sich rühmen, fast alle namenhaften Militärs der US-Geschichte zu ihren Absolventen zu zählen – und sogar ein paar Präsidenten! Doch auch eine weitere große US-Institution sitzt in West Point: Die West Point Mint.

West Point am Hudson River mit der festungsartigen Militärakademie.

Ein Depot mit Nebenjob in West Point

Eine Münzstätte gibt es in West Point erst seit 1988, ihre Geschichte beginnt allerdings schon 1937. Damals wurde dort das West Point Bullion Depository eingerichtet, ein Lager für Teile der Edelmetallreserven der Vereinigten Staaten. Ob bei der Ortswahl die unmittelbare Nähe zum US-Militär eine Rolle gespielt hat? Die Vermutung liegt nahe, wer begeht schon gerne einen Einbruch, wenn tausende Soldaten nur ein paar Minuten entfernt leben?

Einige Jahrzehnte lang wurden in West Point ein Großteil der US-Silberreserven deponiert. Ab 1980 wurde es zu einem Golddepot – und was für einem: dem zweitgrößten der USA nach dem berühmten Fort Knox. Bis heute sind dort Goldbarren im Wert von ca. 100 Milliarden US-Dollar deponiert – was auch erklärt, warum man die Münzstätte leider nicht besuchen kann.

In den frühen 1970er Jahren herrschte in den USA ein großer Mangel an Pennies. Der Grund: Spekulation. Da der Kupferpreis stieg, vermuteten viele, dass die kupfernen Pennies bald einen höheren Material- als Nominalwert haben könnten. Also begann man, sie zu horten. Aufrufe an die Bevölkerung blieben erfolglos. Also wurde die Produktion massiv erhöht – so sehr, dass die US-Münzstätten damit überlastet waren. Daher begann man 1973, im Depot in West Point Pennies prägen zu lassen. Damit begann eine Entwicklung, die dazu führte, dass West Point 1988 offiziell zur Münzstätte wurde. Im Gegensatz zu den Münzen, die die Münzstätten von Denver und San Francisco produzierten, trugen die Münzen aus West Point damals noch kein eigenes Münzzeichen und sind damit nicht von den Emissionen aus Philadelphia zu unterscheiden – ein Ärgernis für Sammler.

1983 entstand die erste US-Goldmünze nach 1933. Auf ihr das neue Münzzeichen W. Foto: US Mint.

Das W für West Point tauchte dann erstmals 1983 auf einer Münze auf. In diesem Jahr wurden Gedenkmünzen auf die Olympischen Spiele 1984 in Los Angeles geprägt. Die zum Teil in West Point hergestellten Münzen waren die ersten US-Goldmünzen seit 1933!

1986 begannen die USA mit der Produktion einer eigenen Anlagemünze, dem American Gold Eagle. Geprägt wird sie exklusiv in der Münzstätte West Point, die gleichzeitig auch offiziell zu einer US Mint befördert wurde.

Die Münzstätte von West Point heute. Foto: US-Mint.

Die Münzstätte West Point heute

Im Gegensatz zu den anderen US-Münzstätten ist die in West Point in einem funktionalen, schlichten Beton-Bau ohne Fenster untergebracht. Seit einem Ausbau 2002 verfügt sie über eine zweite Etage und hat eine Quadratmeterfläche von 8700 m2 zur Verfügung. Besichtigungen sind hier in der Regel nicht möglich; die weiterhin vor Ort eingelagerten stattlichen Goldreserven gehen mit sehr strengen Sicherheitsvorkehrungen einher.

Die Produktion von Anlagemünzen gilt als die Hauptaufgabe der Münzstätte. Das Gold wird dabei nicht aus den Barren vor Ort produziert: Die Münzstätte bekommt Blanks geliefert, die dann verprägt werden. Außerdem verfügt die Münzstätte über eine automatische Verpackungsanlage, ähnlich der für Sets in San Francisco, um die Anlagemünzen zu verpacken. In der Regel werden dabei je 20 Münzen erst in eine Plastik-„Tube“, dann je 25 „Tubes“ in eine größere, versandfertige Box verpackt.

Mit der Produktion von Anlagemünzen hat West Point genug Arbeit, denn die US-Mint ist der weltweit größte Produzent von Anlagemünzen aus Gold und Silber. Mit Anlagemünzen macht die US-Mint zudem mehr als die Hälfte ihrer Einnahmen; 2020 waren es knapp über 2 Milliarden Dollar. Am besten verkauft sich dabei weiterhin der gute alte American Gold Eagle, doch inzwischen gibt es auch weitere Anlageprodukte. Den American Eagle gibt es auch aus Silber, Platin und Palladium. Dazu kommt der 2006 eingeführte American Buffalo, eine Anlagemünze mit einem höheren Goldanteil von 99,99 % im Gegensatz zu den 91,67 % des American Gold Eagle.

Auch andere Münzen werden hier inzwischen geprägt. 2019 wurde mit den America the Beautiful-Quarters das Münzzeichen W erstmals auf eine Umlaufmünze gebracht.

Kurze Geschichte, viele „Firsts“ unter den Prägungen aus West Point

Eine kleine Übersicht der in West Point geprägten Münzen liest sich wie eine Liste der US-Anlagemünzen.

Der American Gold Eagle, ein Klassiker unter den Anlagemünzen.

Bereits mehrfach erwähnt haben wir den American Gold Eagle, der seit 1986 in West Point geprägt wird und ein Klassiker unter den Anlagemünzen ist. Er wird in vier Größen produziert – 110 Unze, ¼ Unze, ½ Unze und 1 Unze. Seine Lady Liberty auf der Vorderseite ist von einem berühmten Vorbild übernommen: Dem Saint Gaudens Double Eagle, der von 1907 bis 1933 geprägt wurde.

1997 wurden in West Point erstmals der American Platinum Eagle produziert, hier eine Münze von 2013. Foto: US-Mint.

1997 wurde in West Point mit der Produktion der ersten Anlagemünzen in Platin begonnen. Der American Platinum Eagle trägt kein Münzzeichen; das tragen nur die für Sammler gefertigten Versionen in Polierter Platte. Diese haben zudem, im Gegensatz zur Anlagemünze, ein jährlich wechselndes Rückseitenmotiv. Bis 2008 wurde die Anlagemünze in 4 Stückelungen – 1/10 oz., ¼ oz., ½ oz., 1 oz. – herausgegeben. Von 2009 bis 2013 wurde die Produktion unterbrochen, und seit 2014 wird nur noch eine Version im Gewicht von 1 Unze produziert.

10 Dollar 2000, auf die Library of Congress. Die erste und bisher einzige Bitmetall-Ausgabe der Vereinigten Staaten. Foto: US-Mint.

Im Jahre 2000 wurde in West Point diese Bimetall-Münze auf die Kongressbibliothek geprägt. Was in den meisten Ländern der Welt inzwischen ganz normal ist, ist für die USA ein Unikat: Diese Münze ist die erste und bis heute einzige US-Bimetall-Münze! Sie erinnert zwar ein bisschen an einen Euro, aber lassen Sie sich nicht täuschen: Die Münze ist aus Platin und Gold!

Der American Buffalo bietet einen höheren Feingehalt als der American Gold Eagle.

2006 reagierte die US-Mint darauf, dass Anleger großes Interesse an hochkarätigen Goldmünzen zeigten. Dazu gehörte der American Gold Eagle mit seinen 22 Karat nicht. Um diese Nachfrage zu befriedigen, wurde der American Buffalo geschaffen, der mit 24 Karat aufwarten kann. Vorder- und Rückseitenmotiv – der Indianerkopf und der Büffel – stammen von einem echten Klassiker: dem erstmals 1913 ausgegebenen „Indian Head“-Nickel, den James Earle Fraser gestaltete.

Der American Palladium Eagle.

2017 kam mit dem American Palladium Eagle die erste US-Anlagemünze aus Palladium auf den Markt. Der erste Jahrgang wurde in Philadelphia geprägt, alle weiteren ausschließlich in West Point. Wieder lieh man sich das Vorderseitenmotiv aus der amerikanischen Münzgeschichte: Es ist vom beliebten Mercury Dime übernommen, der von 1916 bis 1945 geprägt wurde.

 

In unseren bisherigen Artikeln haben wir Ihnen die US-Münzstätten in Philadelphia, San Francisco und Denver vorgestellt.